Von Mennoniten und der Stadt der winzigen Hunde
Der Vortag hatte also doch Spuren hinterlassen: Heiko hatte Magenbeschwerden und ich, durch ein blau umrandetes Auge, eine Ähnlichkeit mit Sparky
dem Hund von den kleinen Strolchen. Glücklicherweise wurde der Kringel durch die Sonnenbrille verdeckt.
Das Frühstück entsprach amerikanischen Kettenhotels, aber es gab zusätzlich mexikanische Spezialitäten. Allerdings war unser Appetit nach der Völlerei vom Vorabend nicht gerade groß.
Wir deponierten unser Gepäck nach dem Auschecken in einem Raum und fragten nach dem Fahrzeug zum Museum. Die Frau an der Rezeption rief gleich den Fahrer und der lieferte uns kurz vor 9 Uhr am Museum ab, das nur 4 km vom Hotel entfernt ist.
Wir mussten noch ein paar Minuten warten
und schauten uns so lange alte Traktoren, eine Dreschmaschine und sonstige Oldtimer der Landwirtschaft an.
Pünktlich um 9 Uhr war Einlass und eine junge blonde Mennonitin freute sich über Besuch aus Deutschland. Der Eintritt kostete 50 P. = 2,50 € pro Person + 20 P. = 1 € fürs Fotografieren im Gebäude.
Doch zuerst sollten wir einen Film (Dauer: 30 Minuten) zur Geschichte der strenggläubigen Christen anschauen, den es in vier Sprachen zur Auswahl gab. Spanisch, Englisch, Deutsch oder Plattdytsch standen zur Wahl. Der Einfachheit halber wählten wir Deutsch. Der Film zeigte die Umsiedlung von Saskatchewan in Kanada nach Mexiko, wo sie ideale Bedingungen für den Ackerbau fanden und vor allem Unabhängigkeit zugesichert wurde.
Nach dem wirklich interessanten Film schauten wir uns in dem überschaubaren Museum um.
Jedenfalls stehen die Mennoniten in der Gegend technischen Neuerungen nicht mehr ablehnend gegenüber, denn die Kutschen
stehen im Museum. Bis auf die traditionelle Tracht (Frauen in langen Röcken und Männer mit karierten Hemden und Latzhosen) hat der Fortschritt Einzug gehalten.
Museen sind nicht so mein Ding und deshalb hatte ich den Fahrer, sehr zum Leidwesen von Heiko, für 10 Uhr bestellt. Heiko hätte sich im Museum verweilen können, doch ich drängte nach einem Schnelldurchlauf zum Aufbruch. Der Fahrer kam pünktlich und fuhr uns ins Hotel zurück.
Dort übergab ich die Karte von Jesus, dem Taxifahrer vom Vortag, der Rezeptionistin und bat sie, ihn anzurufen. Die hatten aber anderes mit uns vor, denn wir sollten mit einer Mitarbeiterin fahren, die ohnehin in die Stadt musste und uns zum Busbahnhof brachte. Unterwegs fragte mich die Mexikanerin nach unserer Zimmernummer und musste lachen: "Ach ihr seid das mit den gebrauchten Handtüchern im Bad". Es stellte sich heraus, dass sie die Vorgesetzte der Zimmermädchen war. Jedenfalls war das eine sehr nette Geste des Hotels, die normalerweise keinen Shuttle anbieten.
Sie lieferte uns an der Busstation ab und ich kaufte 2 Tickets zu je 110 P = 5,30 € nach Chihuahua. Der Bus fuhr pünktlich um 11 Uhr los und diesmal dudelte keine Musik, sondern das Geballere eines Kriegsfilms dröhnte uns die Ohren zu.
Dazu war der Innenraum auf 16°C herunter gekühlt. Nach 1,5 Stunden erreichten wir schockgefrostet
und tauten so langsam wieder auf, bis Saul (siehe seine für die Rancheros typischen Schuhe) unser Gepäck in sein Auto verladen hatte.
Mit seiner gelben Klapperkiste fuhr er uns zum Hotel, das ziemlich weit außerhalb der Hauptstadt des größten mexikanischen Bundesstaats liegt. Ich hatte das Hotel bewusst ausgesucht, weil wir am nächsten Morgen sehr früh zum Flughafen mussten und der in der Nähe ist. Nach einer halben Stunde Fahrt erreichten wir das Hotel mitten in einem heftigen Sandsturm.
Beim Einchecken erhielten wir Gutscheine für das Frühstück, die Happy Hour ab 18 Uhr und den Flughafentransfer. Wir fragten, ob es ein öffentliches Verkehrsmittel in die Stadt gibt oder ob wir ein Taxi rufen müssen. Wir bekamen einen Stadtplan auf Spanisch mit allen Sehenswürdigkeiten überreicht und darauf waren die Busrouten Nord und Süd vermerkt.
Einen Block weiter entdeckten wir so eine erhöhte Zustiegsrampe für den Stadtbus,
Eine Fahrt kostete umgerechnet 35 Cent und für eine musikalische Untermalung war gesorgt.
Da sind immer wieder Leute zugestiegen, die entweder etwas verkaufen wollten, Musik machten oder zwei Jungs, die rappten. Das stört da keinen.
Trotz Plan hatten wir keine Ahnung, wo wir aussteigen sollten. Ein netter Mann, der direkt hinter uns saß, wollte auch in das Centro Histórico und dem durften wir uns anschließen.
Wir schlenderten etwas lustlos die Fußgängerzone entlang,
denn Heiko fühlte sich immer noch nicht gut.
In der nächstbesten Burgerbraterei holten wir uns schnell eine Coke, bevor wir zum Palacio de Gobierno, dem Regierungspalast, weiter gingen.
Der Palast beherbergt ein Museum zum Unabhängigkeitskrieg. Aber ihr wisst schon – Museen und Geschichte ... .
Das gilt auch für den Palacio Federal,
das Casa Chihuahua, einst bekannt als Palast von Chihuahua, ist ein Gebäude des frühen 20. Jahrhunderts. Es diente bis 2004 als Staatsgebäude und ist jetzt ein Museum. Im Keller befindet sich die Gefängniszelle von Padre Miguel Hidalgo y Costilla, auch als Vater der Nation bekannt. Pater Hidalgo war der erste Führer des Aufstandes für die Unabhängigkeit. Er wurde von den Spaniern Anfang 1811 gefangen genommen und am 30. Juli 1811 im benachbarten Regierungspalast hingerichtet. Seine Gefängniszelle wurde zum Denkmal.
Gegenüber der großen barocken Kathedrale,
Befindet sich der Palacio Municipal, das Rathaus
und sogleich eines der repräsentativsten Gebäude der Stadt. Aber nichts konnte uns so richtig begeistern.
Dazu war es an dem Tag selbst mitten in der Stadt so stürmisch, dass die kleinen Hunde,
lieber zu Hause blieben. Gesehen haben wir jedenfalls, außer als riesiges Mural an diesem Hochhaus, keinen einzigen.
Auf dem Rückweg zum Bus fiel uns noch das Quinta Gameros auf.
Das ehemals herrschaftliche Haus eines Bauingenieurs zieren vier, in alle Himmelsrichtungen zeigende Türme. Marmorskulpturen, Reliefs und steinerne Musen schmücken die Fassade. Das Herrenhaus ist nun ein Nationalmonument und das Kulturzentrum der Universität.
Die Stadterkundung bei dem Sandsturm machte wirklich keinen Spaß und wir fuhren mit dem Bus zurück. In der Nähe der Haltestelle gab es einige Supermärkte und wir kauften im Walmart Getränke und Gebäck für den nächsten Morgen, da der Shuttlebus zum Flughafen sehr früh fuhr. Fürs Frühstück blieb da keine Zeit.
Am Pool, im geschützten Innenhof des Hotels, war es einigermaßen auszuhalten. Hunger hatten wir eigentlich keinen, aber mir fielen die Happy Hour Gutscheine ein. Kurz nach 18 Uhr ging ich in das Restaurant und wollte zwei Getränke holen. Ich traute meinen Augen nicht, denn zur Happy Hour kredenzten die Angestellten ein kostenfreies Imbiss-Büffet mit Softdrinks und pro Person einem Bier.
Auf einmal passte so ein kleiner Snack wieder rein. Während ich mich am Büffet an mexikanischen Köstlichkeiten bediente, stellte sich Heiko einen Hot Dog zusammen.
Die gute Internetverbindung ließ später noch den Austausch mit der Heimat zu, bevor wir schlafen gingen.
Übernachtung: Best Western Cumbres Aeropuerto, Chihuahua