Vom (Wasser-) Fall und schönen Steinen
Um 8 Uhr sollte es Frühstück im Hotel geben und schon um 7 Uhr fingen ein paar Frauen an, auf dem alten Küchenherd
Tortillas zu erwärmen. Ich war auch dort, aber nicht um zu helfen, sondern um Trinkwasser aus dem großen Bottich in kleine Flaschen zu füllen.
Als wir kurz vor 8 Uhr in die Küche gingen, saß dort schon eine lustige mexikanische Reisegruppe. Wir setzten uns am langen Tisch dazu und waren wieder einmal erstaunt, was für eine gute Laune die Mexikaner schon am frühen Morgen verbreiten können. Zum Frühstück wurden Huevos a la Mexicana, Tortillas, und Bohnenpampe frisch zubereitet. Toast und Erdbeermarmelade standen auf der Theke. Ich will die Unterkunft jetzt nicht schön reden, doch das Beste an dem Hinterhofhotel war dieses gemeinschaftliche Frühstück in der rustikal heimeligen Küche.
Unser Fahrer Pedro erwartete uns um 8:30 Uhr. Wir checkten aus und die Besitzerin kassierte gleich das Geld für die Tour.
Etwas außerhalb von Creel hielt Pedro an einer Hütte.
Er führte uns zu einer Höhlenwohnung der Indigenas.
Normalerweise halte ich nichts davon, unangemeldet in die Privatsphäre fremder Leute einzudringen, doch die leben davon.
Laut Pedro leben die Leute wirklich noch in der Höhle, aber ich glaube, dass die immer nur tagsüber einziehen.
Nächster kurzer Halt an der Straße war am Elefantenfelsen (Piedro del Elefante).
Danach fuhren wir zu den Cusarare Wasserfällen weiter. An der Zufahrt stand ein Kassenhäuschen und wir mussten umgerechnet 1,30 € pro Person bezahlen. Pedro bot uns an, dass wir entweder 3 km, 1,5 km oder 450 m zum Wasserfall wandern können. Wir entschieden uns für die goldene Mitte.
Die Fahrt auf der Dirtroad war sehr holperig und verlangte den Stoßdämpfern einiges ab. Pedro ließ uns irgendwann aussteigen.
Wir sollten uns immer links vom Bach halten und diesen nie überqueren, dann würden wir uns auch nicht verlaufen.
Es war richtig schön dort,
doch irgendwann auf diesem Waldweg
stellte mir so eine fiese mexikanische Baumwurzel ein Bein und ich stolperte. Ich versuchte mich abzufangen, doch dabei blieb ich mit dem anderen Fuß an einem Stein hängen. Die Böschung kam wie in Zeitlupe immer näher und ich klatschte mit dem Gesicht voll in den Lehmhügel. Etwas verwirrt sortierte ich erst meine Knochen, bewegte die Gelenke und tastete mein Gesicht ab. Gebrochen war glücklicherweise nichts, keine offene Wunde und auch die Sonnenbrille war heil.
Jedenfalls war Heiko zum Unfallzeitpunkt gerade ein Stück entfernt beim Fotografieren und guckte ziemlich verdattert, als er mich liegen sah. Ich musste mich erst einmal von Lehm, Blätter und Zweigen befreien und das Gesicht mit einem Feuchttuch reinigen.
Die restliche Strecke achtete ich sehr auf den Weg und ging auch nicht über diese Hängebrücke, weil die der TÜV niemals abnehmen würde.
Hier gefiel es uns richtig gut.
Am Parkplatz vor dem Wasserfall wartete Pedro auf uns und ich berichtete ihm kurz von meinem Malheur.
Entlang der 450 m vom Parkplatz bis zu den Treppen, reiht sich ein Verkaufsstand an den anderen und meist verkaufen die Kleinkinder der Indigenas die Handarbeiten, während die Mütter neue Ware produzieren. Einerseits nervt es, wenn man ständig etwas kaufen soll, aber zum anderen, taten mir die Familien leid. Wir blieben aber meistens standhaft.
Wir konnten die Wasserfälle in Ruhe von oben anschauen
und über endlose Stufen bis ganz nach unten gehen.
Die nächste Station war der Arareco See, der im Kiefernwald versteckt liegt.
Der See wurde gestaut und ist hufeisenförmig.
Wir gingen etwas am Ufer entlang,
doch schon seit dem Parkplatz verfolgte uns so ein süßes, kleines, aber penetrantes Mädel.
Das erste Wort der Tarahumara Kinder scheint nicht Madre oder Padre zu sein, sondern compra = kauf und wenn man fragt, wieviel es kostet, dann immer veinte = 20 Pesos.
Tja, Härtnäckigkeit zahlt sich aus, denn ihrem Charme sind wir letztendlich erlegen und kauften einen Schlüsselanhänger. Zwei anderen Kindern gab ich einfach je 10 Pesos.
Etwas Kleingeld in der Hosentasche ist immer von Vorteil.
Kurz nach dem See bog Pedro in eine Dirtroad ab und dort stand gleich wieder ein Kassenhäuschen. Wie schon beim Wasserfall wurden von einem Raramuri 25 Pesos pro Person kassiert.
Die staubige Piste führte 10 km durch den Kiefernwald und unser Fahrer Pedro hatte schwer mit den Blütenpollen zu kämpfen. Er war nur am Niesen und schloss dennoch kein Fenster. Vielleicht half ihm ja das Inhalieren von Heilerde. Jedenfalls wurden wir auf dem Rücksitz ziemlich eingestaubt.
Als nächstes kam wieder eine Zahlstelle. Zwei Kinder kassierten pro Person 15 Pesos an der Zufahrt zum Valle de los Monjes (Tal der Mönche).
Wenn man erst einmal die Verkäufer abwimmelt, dann kann man sich die versteinerten Mönche in Ruhe anschauen.
Die nächsten Stationen ein paar Kilometer weiter, kosteten nicht mehr extra.
Da ist die Missionskirche Los Santes Cinco Señores de Cusárare.
Die Jesuitenkirche wurde 1752 erbaut und ist spärlich eingerichtet,
weil die Indigenas während dem Gottesdienst stehen und nur alte oder kranke Leute auf den Bänken am Rand sitzen dürfen.
Ganz in der Nähe befindet sich das Valle de las Ranas (Tal der Frösche), wie man durchaus erkennen kann.
Ein Blick auf die Kirche und zur Schule, in der die kleinen Tarahumaras unterrichtet werden. Übrigens gibt es seit ein paar Jahren die Schulpflicht, aber an dem Tag war schulfrei.
Ab und zu huschten ein paar Indigenas durch die Gegend, wahrscheinlich auf dem Weg zu ihren Hütten.
Unser letzter Programmpunkt waren die Pilzköpfe, das Valle de los Honos.
Da es sich eindeutig um Steinpilze handelt, lasse ich jetzt mal Bilder sprechen.
Auch hier gibt es einige Verkaufsstände.
Unser Fahrer Pedro wollte auch mal aufs Bild.
Bis auf den Sturz, war das eine schöne Tour. Die Gegend um Creel hat uns am Besten gefallen.
Pedro lieferte uns 13:45 Uhr am Bus Office ab.
Ich kaufte uns Tickets zu je 170 P. = 8,20 €. Da noch über eine halbe Stunde Zeit bis zur Abfahrt war und wir Hunger und vor allem Durst hatten, empfahl uns der junge Mann hinter dem Schalter den Imbiss gegenüber, sprich über den Bahngleisen. Nö, ich wollte nicht schon wieder den Koffer über die Gleise schleppen, aber der Imbiss daneben machte keinen guten Eindruck. Der junge Mann versprach mir, gut auf die Koffer aufzupassen. Wir vertrauten ihm und gingen über die Gleise.
Die Burritos mit Huhn waren wirklich lecker und die kalte Coke eine Wohltat. Wir mussten uns ein bisschen beeilen, da der Bus früher eintraf. Wieder kein Grund zur Sorge, denn Anhänger waren an unsere Koffer angebracht worden und gleich fünf Kinder bewachten das Gepäck.
Pünktlich um 14:30 Uhr fuhr der Bus los. Von der 2,5stündigen Fahrt waren 1,5 Stunden wieder sehr kurvenreich. Das war aber nicht das Schlimmste. Diesmal lief kein Kriegsfilm, sondern mexikanische Volksweisen rauf und runter. Das war übelste, lautstarke Mariachi Folter und meine Ohrstöpsel lagen im Koffer. An der nächsten Haltestelle bat ich den Fahrer, die Lautstärke etwas herunter zu drehen, da ich schon Kopfschmerzen hatte. Wahrscheinlich dreht er die Musik so laut, damit er vorne auch was hört. Aber mein Wunsch war ihm Befehl und so war die Fahrt erträglicher.
In Cuauhtémoc angekommen, stiegen wir in das einzige wartende Taxi. Das Hotel liegt ziemlich weit außerhalb der Stadt und die Fahrt kostete deshalb knapp über 5 €. Auf dem Weg dorthin stand an Mauern und Hauswänden WILLKOMMEN und andere deutsche Worte.
Jesus, der Fahrer, überreichte uns beim Aussteigen gleich seine Visitenkarte, damit wir ihn am nächsten Morgen wegen der Rückfahrt anrufen könnten.
Das ziemlich neue Microtel befindet sich in einem Ackerbau- und Industriegebiet. An der Rezeption begrüßte uns ein junger hellblonder Mann, der sich freute, dass wir aus Deutschland kommen. Wie vermutet, ist er Mennonite und die sprechen untereinander so einen plattdeutschen Dialekt. Ich sagte ihm, dass wir extra wegen dem Museum hergekommen sind. Darüber freute er sich noch mehr und organisierte gleich ein Fahrzeug für den nächsten Morgen. Wir wollten eigentlich mit dem Bus fahren, doch das Angebot schlugen wir nicht aus.
Doch zuerst checkten wir in dem ultracleanen Hotel ein. Heiko entdeckte hinter der Badezimmertür gebrauchte Duschtücher, die das Zimmermädchen übersehen hatte. Ich nahm die Tücher und ging zur Rezeption. Dem jungen Mann war das so was von peinlich, dass er uns gleich ein neues Zimmer geben wollte. Aber das wäre Quatsch gewesen, denn sonst war alles tip top.
Gleich neben dem Hotel befindet sich die Pizzeria La Sierra Thiessen, die uns der Rezeptionist empfahl. Die sogenannte Pizzeria ist wie ein amerikanisches Diner gestaltet und bietet neben Pizzen auch andere Gerichte an. Das Restaurant gehört einem Mennoniten, der weitere Filialen in Nordmexiko hat und das Lokal war von Glaubensbrüdern und -schwestern gut besucht. Die Frauen trugen lange Kleider, teils schmale Kopftücher und die Männer karierte Hemden und Latzhosen. Die Kinder rannten barfuß und lautstark durchs Restaurant.
Doch zurück zum Essen: Die Speisekarte war so ansprechend und wir ziemlich ausgehungert, so dass die Augen größer als die Mägen waren. Der Kellner versuchte zwar, uns ein bisschen zu bremsen, als wir gleich zwei mittlere Pizzen (in US-Size) bestellten. Als wir klagten, dass wir die letzten 3 Tage nichts Gescheites zu essen hatten, gab er endlich nach. Nur beim Mennoniten-Salat (gemischter Salat mit Krakauerwurst- und Käsestreifen) setzte er sich durch und wir teilten uns einen. Dazu bestellten wir einen Pitcher selbstgemachter Limonade (wir hatten schließlich auch GROßEN Durst) und die war so was von lecker. Den Rand der Pizzen haben wir großzügig auf dem Teller liegen lassen, doch der Rest wurde verputzt und auch die Limo war leer. Der junge Kellner war baff und ich hoffte, dass unsere Mägen der Belastung gewachsen sind.
Leider bescherte uns die Völlerei eine schlaflose Nacht. Aber sonst hatten wir (noch) keine Probleme.
Übernachtung: Microtel Inn & Suites by Wyndham, Cuauhtémoc