Von der Aufregung und den Vorurteilen
Wenn ich ganz ehrlich bin, wäre selbst die Abenteuerlustigere von uns beiden an dem Morgen am liebsten im Hotel geblieben, denn bisher waren die Herausforderungen nicht besonders groß.
Ein letztes Mal gingen wir ins Frühstücksrestaurant und diesmal mit der Kamera, den es soll niemand mehr sagen, dass wir Europäer Weltmeister im Liegenmarkieren sind. Im Hotel waren fast nur Amerikaner und die haben sogar spezielle Klammern dafür.
Wenn wir das nächste Mal in die USA reisen, werde ich danach Ausschau halten.
Mit dem Taxi fuhren wir viel zu früh zum Busterminal und mussten noch 45 Minuten bis zur Abfahrt warten. Es herrschte reger Busverkehr, da die wenigsten Mexikaner ein Auto besitzen.
9:30 Uhr kam unser Bus angefahren.
Jeder Koffer wurde mit einem Gepäckabschnitt versehen und dann durften wir einsteigen. Zwischen der Fahrerkabine und dem Passagierraum gibt es eine Tür.
Die Sitzplätze waren reserviert, es gab Monitore, Kopfhörer und im hinteren Bereich Toiletten. Es fehlten eigentlich nur die Tragflächen und die Flugbegleiter. Was den Fernreisebus noch vom Flugzeug unterschied, waren die superbequemen, breiten, dick gepolsterten Liegesitze, der große Sitzabstand und Gratis WiFi. Allerdings war das Interieur etwas abgenutzt. Wir hatten z. B. an unseren Sitzen nur einen Kopfhörer zur Verfügung und der taugte, mangels einem Ohrkissen, nur zum Monohören. Davon abgesehen, wollten wir keinen Spielfilm schauen.
Außer Maisfeldern gab es unterwegs nicht viel zu sehen.
Irgendwann überholte der Bus einen mit Kokonüssen beladenen LKW und dann ließ es einen Schlag. Der Busfahrer stoppte und wir dachten, dass ein Reifen geplatzt ist. Doch wahrscheinlich war nur eine Kokosnuss vom Laster geflogen und gegen den Bus geprallt.
Die Fahrt konnte bis zum nächsten Stopp fortgesetzt werden und der war am Fruchtfliegen-Checkpoint.
Hier stieg ein Kontrolleur zu, der jeden Fahrgast befragte, ob man irgendein Obst an Bord hat. Wir verneinten und durften sitzen bleiben. Die restlichen Leute mussten alle raus und teilweise ihre Koffer öffnen. Erst nachdem doch einiges an Obst entsorgt wurde, durfte der Bus weiter fahren.
Nach ca. 3 Stunden erreichten wir Culiacán, die Hauptstadt des Bundesstaates Sinaloa mit über 675 000 Einwohnern. Am zentralen Busterminal kam eine Durchsage vom Fahrer, dass wir 40 Minuten Aufenthalt haben. Die Leute stiegen alle aus und wir wollten sitzen bleiben. Das erlaubte der Busfahrer aber nicht. Wir dachten, der macht eine kurze Pause und blieben neben dem Bus stehen. Stattdessen steigt der ein, schließt die Tür und fährt davon. So schnell konnten wir gar nicht gucken und vor allem begreifen.
Mir brach der Angstschweiß aus, denn unsere Rucksäcke waren in den Gepäckfächern und in meinem der größte Teil vom Bargeld mit den gesamten Reiseunterlagen.
Ich wusste nicht, ob derselbe Bus wiederkommt oder was in der Zwischenzeit passiert. Man hat doch schließlich gewisse Vorurteile, weil man in den Medien immer nur Schlechtes über Mexiko hört.
Heiko drückte die Blase und ich ihm ein bisschen Kleingeld für die WC-Nutzung in die Hand. In meiner Hosentasche hatte ich immer einen kleinen Geldbeutel mit etwas Kleingeld für alle Fälle. Er ging in das klimatisierte Gebäude und ich schwitzte draußen eifrig vor mich hin. Ein älterer Mexikaner nutzte die Gelegenheit und sprach mich an. Wie alle Mexikaner dachte er zuerst, dass ich eine Amerikanerin bin. Es stellte sich heraus, dass er über 20 Jahre in den USA gearbeitet hatte und ziemlich gut Englisch sprach. Ich war so froh, denn in der Aufregung fehlten mir die spanischen Worte. Er beruhigte mich und erklärte mir, dass der Bus hier gereinigt und betankt wird. Das ist nicht in jedem Terminal möglich. Auch er hätte seinen Koffer im Bus. Er war schon fast einen Tag mit dem Bus von Mexiko City unterwegs und hatte noch weitere Stunden bis Mexicali vor sich.
Wir waren so in das Gespräch vertieft, dass ich gar nicht bemerkte, dass Heiko schon ziemlich lange weg war. Irgendwann gesellte er sich zu uns und erzählte, dass er nur mit Hilfe eines englischsprachigen Mexikaners aus dem Gebäude kam, denn raus zu den Haltestellen darf man nur mit dem Fahrschein. Die Bustickets waren in meiner Handtasche, die ich wenigstens bei mir hatte. So konnte ich auch noch geschwind für große Angsthasen und war erstaunt, dass es im Terminal jede Menge Läden gibt.
Ich besorgte uns bei Subway noch zwei Subs und zwei Cokas. Ich schrieb jetzt bewusst Cokas, da Cola im Spanischen u. a. Penis bedeutet. Also Mädels wundert euch nicht, wenn ihr Cola beim Kellner bestellt, der hoffentlich nur lacht und euch nicht gleich … anschmachtet.
Doch nun wieder zurück zum Bus. 40 Minuten waren um und der Bus noch immer nicht da. Der mexikanische Opa beruhigte mich erneut und wir lästerten über "the crazy Trump".
Endlich nach einer Stunde kam unser Bus angefahren und die Rucksäcke lagen unberührt im Gepäckfach. Der Bus war gereinigt, der Innenraum parfümiert und wir konnten unsere Fahrt fortsetzen.
Nach 7 Stunden erreichten wir Los Mochis. Der Opa stieg kurz aus, um sich von mir zu verabschieden. Ich war wieder einmal mehr von den lieben und hilfsbereiten Leuten begeistert.
Vor dem Terminal warteten schon die Taxifahrer. Da unsere Koffer zu groß für den Kofferraum waren, wurde die Heckklappe mit einem Expander fixiert.
Stadtfahrten gab’s zum Festpreis von 50 Peso = 2,60 €.
Bis zum Hotel Ibis waren es 4 km. Das recht neue Hotel liegt etwas außerhalb vom Zentrum und nicht weit von zwei großen Supermärkten entfernt.
Gegenüber ist das Restaurant Lola Cocina de Mercado, das laut Bewertungen eine leckere Pizza versprach. Wir vertrauten darauf und bestellten uns auf der gemütlichen Dachterrasse eine Pizza.
Die sah zwar lecker aus, war aber recht trocken und musste mit viel Flüssigkeit runtergespült werden.
Anschließend gingen wir noch zu Lay’s (Supermarkt), um Getränke zu kaufen. So sah unser Einkauf aus:
Nicht dass ihr jetzt denkt, mein Spanisch ist so schlecht, dass ich Chipstüten mit Hundefutter verwechsle. Ein bisschen besser ist es nämlich schon. Aber wir sahen auf dem Weg zum Supermarkt einige ausgemergelte Straßenhunde und ein Beutel davon wurde gleich auf dem Rückweg verfüttert.
Ansonsten genug der Abenteuer. Nur noch duschen, übern großen Teich ein Lebenszeichen schicken und ab ins Bett.
Übernachtung: Ibis, Los Mochis