Atemlos über das Hochland in einen der tiefsten Canyons der Welt
Wir standen um 6 Uhr auf, packten unseren Kram zusammen und schlemmten uns noch einmal durchs erlesene Frühstücksbüffet.
Um 7:30 Uhr sollten wir abgeholt werden, doch es tat sich nichts. Diese örtliche Reiseleitung scheint es so gar nicht mit der Pünktlichkeit zu haben. Der Portier rief in der Agentur an, während ich Katja über WhatsApp kontaktierte. Um 8:20 Uhr fuhr endlich der Kleinbus mit 10 weiteren Passagieren vor.
Naniela hieß unsere Tourbegleiterin und unterrichtete uns unterwegs in der Quechua Sprache. Nach zwei Stunden Fahrt machten wir eine WC-Pause. Die Toiletten unterwegs waren übrigens alle sehr sauber. Wir hatten 20 Minuten Aufenthalt und schauten uns die Gegend und die Vegetation an.
Auf 3000 m Höhe bekam ich plötzlich Kopfschmerzen. Eigentlich habe ich sehr selten Kopfweh und rechnete auch gar nicht mit der Höhenkrankheit, da wir gerne im Hochgebirge wandern und es selbst auf über 4000 m Höhe bei den Skiabfahrten vom Kleinen Matterhorn nie Probleme gab. Ich hatte dennoch für alle Fälle vorgebeugt und mir von einer Forumsfreundin aus der Schweiz Coca C30 Globulis besorgen lassen.
So sah meine Notfallapotheke gegen die Soroche (Höhenkrankheit) aus.
Auf 4011 m hielt der Bus,
denn da gab es Vicuñas zu sehen. Vicuñas sind die Wildform der Andenkamele und die scheuen Tiere kommen in Herden im Hochland vor.
Mein Kopf fühlte sich in dieser Höhe doppelt so groß an und war gefühlt am Platzen.
Unterwegs verteilte Naniela Coca-Bonbons und Coca-Blätter zum Kauen. Ich kaute etwas auf den trockenen Blättern herum, doch die verursachten bei mir nur Übelkeit und wanderten schnell ins Papiertaschentuch.
In der Nähe dieser Felsen
machten wir einen weiteren Stopp bei den Alpakas,
die auch zu den Kleinkamelen gehören, aber domestiziert sind. Die ruhigen, friedlichen und vor allem niedlichen Tiere werden wegen ihrer Wolle gezüchtet und ihr Fleisch ist eine Delikatesse. Sie sind kleiner, kuscheliger und haben nicht so eine lange Kopfform wie das zottelige Lama.
Das Lama ist eher ein Lastentier und das Fleisch wird nicht gegessen. Sie spucken im Regelfall nur auf ihre Artgenossen, aber nicht auf Menschen, auch wenn sie so von den Touristen bedrängt werden.
Etwas weiter befindet sich die sumpfige Hochebene Pampa Cañihuas auf 3800 m.
Unser nächster Halt war auf 4200 m. Hier konnten wir frisch zubereiteten Tee aus Coca-Blättern und Muña Zweigen probieren.
Muña schmeckt leicht nach Pfefferminze und beruhigt den Magen. Doch mein Schädel war gefühlt weiterhin am Zerspringen.
Der nächste Halt war am höchsten Punkt auf 4910 m.
Dort oben war die Sicht auf die Vulkane schlecht und es regnete.
Danach führt die Straße 30 Minuten in Serpentinen
in den Colca Canyon nach Chivay hinunter.
Unsere Gruppe wurde zu einem Hotel außerhalb gefahren. Dort erwartete uns ein Mittagsbüffet. Ich hatte absolut keinen Hunger und der Geruch des Essens verursachte Übelkeit. Die Reiseleiterin setzte mich auf eine Couch in der Lobby und man brachte mir gegen die Übelkeit eine heiße Coca Cola, die nicht mal schlecht schmeckte. Dann kam eine Hotelangestellte mit der Sauerstoffflasche. Nach der Inhalation von sieben Minuten reinen Sauerstoff war der Kopfdruck vorübergehend weg.
Nach dem alle anderen gesättigt waren, fuhr uns der Fahrer im strömenden Regen auf sehr holpriger, matschiger Dirtroad zu den Hot Springs weiter. Dort stiegen ein paar junge Leute unserer Gruppe zum Baden aus. Danach ging es weiter zu einem abenteuerlichen Hotel tief im Canyon. Ein niederländisches Ehepaar war dort untergebracht. Der Mann hatte sich am Vortag in Arequipa Medikamente gegen die Höhenkrankheit aus der Apotheke holen müssen.
Endlich wurden auch wir zu unserer Unterkunft gebracht, die ich nicht ausgesucht hatte und von der Reiseagentur ohne Rücksprache umgebucht wurde. Es schüttete weiter wie aus Kübeln. Das Drei-Sterne-Haus ist aber eher ein Hostal für Pferdefreunde und gehört einem Franzosen, der sich sogar eine Sternwarte gebaut hat.
Ich nahm eine Aspirin und legte mich ins Bett.
Im Zimmer war es sehr kalt und die kleine Elektroheizung an der Wand brachte nicht viel. Nach einer Stunde ausruhen ging es mir langsam besser und wir gingen noch kurz an die frische Luft.
Später kam dann auch der Hunger. Das hoteleigene Restaurant öffnet erst um 18:30 Uhr. Die peruanischen Köchinnen würden laut Aussage einer jungen Amerikanerin, die mit ihrem Freund dort ein paar Wochen gegen Kost und Logis arbeitete, alles frisch kochen. Nach einer Stunde wurde die lauwarme Suppe an den Tisch gebracht. Auch die Hähnchensteaks waren nicht sehr heiß. Aber eine Alternative hatten wir ohne Auto leider nicht. In den Ort wäre es zu weit zum Laufen gewesen und zudem war es draußen stockdunkel.
Das Zimmer wurde überhaupt nicht warm und die Kopfschmerzen ließen nicht nach.
Die Höhenkrankheit hatte nur mich erwischt und Heiko blieb davon verschont.